Begründung Blue Planet Award 2017

Begründung von ethecon Stiftung Ethik & Ökonomie für die
Ehrung der Umwelt- und Friedensaktivistin Hanna Poddig (Deutschland)
mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017

Vorbemerkung
Die beiden Internationalen ethecon Awards
Seit dem Jahr 2006 verleiht ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie jährlich zwei internationale Preise – den Internationalen ethecon Blue Planet Award und den Internationalen ethecon Black Planet Award.
Mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award werden Menschen geehrt, die in herausragender Weise menschliche Ethik im Spannungsfeld Ethik und Ökonomie schützen und verteidigen und sich derart für den Erhalt und die Rettung unseres Blauen Planeten einsetzen.
Mit dem Internationalen ethecon Black Planet Award werden Personen geschmäht, die in schockierender Weise menschliche Ethik im Spannungsfeld Ethik und Ökonomie mit Füßen treten und derart den Ruin und die Zerstörung unseres Blauen Planeten betreiben hin zu einem Schwarzen Planeten.
Der Internationale ethecon Blue Planet Award und der Internationale ethecon Black Planet Award sind eine Einheit, zwei Seiten der gleichen Medaille. Beide zusammen spiegeln den Zustand unserer Welt. Sie ehren einerseits den solidarischen Einsatz für Umweltschutz, Gerechtigkeit und Frieden, ächten andererseits den rücksichtslosen Umgang mit Umweltzerstörung, Ungerechtigkeit und Krieg. Die Preise fordern auf zu Widerstand, Wandel und Engagement. Wobei in beiden Fällen mit dem Begriff des „Blauen Planeten“ die gesamte belebte und unbelebte Welt gemeint ist.
Jeweils im Februar des Jahres wird in einem international verbreiteten Aufruf dazu aufgefordert, Nominierungen für den Internationalen ethecon Blue Planet Award und den Internationalen ethecon Black Planet Award einzureichen. In einem gründlichen Auswahlverfahren werden bis August des Jahres die PreisträgerInnen von der Stiftung bestimmt.

Erklärung
von Vorstand und Kuratorium
zum Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017
Die Stiftung ethecon ehrt mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017 die
Umwelt- und Friedensaktivistin Hanna Poddig (Deutschland)
Der Internationale ethecon Blue Planet Award 2017 geht – in konsequenter Ergänzung zum Internationalen ethecon Black Planet Award 2017 ebenso wie im Sinn der Ziele von ethecon Stiftung Ethik & Ökonomie – an die genannte Preisträgerin, weil diese im Spannungsfeld Ethik und Ökonomie grundlegende ethische Prinzipien schützt und derart den Blauen Planeten verteidigt.
ethecon zeichnet sie mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017 aus, weil sie sich beispielhaft für die Verteidigung des Friedens, der Menschenrechte, des Schutzes der Umwelt und der sozialen Sicherheit einsetzt.
Hanna Poddig handelt mutig, konsequent, unbestechlich und integer. Sie leistet zivilen Widerstand, setzt sich in Gegensatz zu herrschenden Normen und Gesetzen und nimmt im Extrem Strafen und Nachteile für Leib und Leben bzw. die eigene Existenz auf sich. Sie zeigt das, was gemeinhin soziale Verantwortung und Zivilcourage genannt wird.
Die mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award geehrte Preisträgerin ist eine derjenigen, die Moral und Ethik hüten und so den Blauen Planeten verteidigen.
Sie steht in einer zunehmend auf den Profit als einzigem Kriterium jeglicher Entscheidung und Entwicklung ausgerichteten Welt als David gegen Goliath. Vielfältig benachteiligt, verfolgt und ausgegrenzt. Ja oft sogar von Anschlägen auf ihre Existenz, ihre Gesundheit und ihr Leben bedroht. Und dennoch ist sie eine derjenigen, denen die Menschheit Frieden, Menschenrechte, soziale Sicherheit und den Schutz der Umwelt verdankt.
Die Preisträgerin wird mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017 gewürdigt und persönlich geehrt. Stellvertretend für alle, die sich für den Erhalt bzw. die Rettung des „Blauen Planeten“ einsetzen. Ihre Auszeichnung soll ihr selbst und uns allen Beispiel und Ansporn sein.
Entsprechend versteht sich der Internationale ethecon Blue Planet Award 2017 auch als Mobilisierung für den Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Umweltschutz. Mobilisierung für den Widerstand gegen Kriegstreiberei, Ausbeutung und Umweltzerstörung. Er soll die Öffentlichkeit sensibilisieren und aufmerksam machen, die Zusammenhänge und die Verantwortlichen aufdecken, sowie den Widerstand gegen Umweltzerstörung, Krieg und Ungerechtigkeit stärken.
Begründung
für die Verleihung des
Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017 an die
Umwelt- und Friedensaktivistin Hanna Poddig (Deutschland)
Kuratorium und Vorstand von ethecon stützten sich bei ihrer Entscheidung auf Nachrichtenmeldungen, auf die in der Öffentlichkeit teilweise schon seit Jahren bekannten Fakten, auf die von JournalistInnen in aller Welt zusammengetragenen Informationen, auf öffentlich vorliegende Dokumente, auf Ermittlungen von Regierungsstellen und AktivistInnen der sozialen Bewegungen in verschiedenen Ländern und nicht zuletzt auf die von Hanna Poddig veröffentlichten Materialien.
Aus der Fülle der im Nominierungsverfahren für die Verleihung des Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017 an die Umwelt- und Friedensaktivistin Hanna Poddig (Deutschland) recherchierten Fakten seien beispielhaft genannt:
Seit frühester Jugend tritt Hanna Poddig aktiv für den Frieden und die Umwelt ein. Sie zeichnet sich dabei durch Prinzipienfestigkeit, Tatkraft und Ideenreichtum aus. Sie bleibt trotz aller Anfeindungen und Repressionen ihren Prinzipien treu. Sie nimmt Zivilcourage ernst und lässt durch wie auch immer geartete Unterdrückung der Kriegstreiber, Ausbeuter und Umweltzerstörer nicht nach. Es ging ihr nie um Rechthaberei und Besserwisserei, sondern darum, Missstände abzustellen und für eine lebenswerte Welt aktiv einzutreten. Sie will verdeutlichen, dass es dabei auf den Einsatz eines bzw. einer jeden Einzelnen ankommt. Und dass tatsächlich auch ein jedEr bedeutsam ist und tätig werden kann. Sie versteht sich als persönliches und nachvollziehbares Beispiel und will motivieren und Impulse geben. Dabei kritisiert sie nicht nur Symptome und Auswüchse, sondern legt auch die Wurzeln offen, das gesellschaftliche Profitsystem, den Kapitalismus. Entsprechend richtet sich Einsatz auch auf einen Wandel der gesellschaftlichen Umstände hin zu einem profitfreien und selbstbestimmten Leben.
Bereits als Kind wurde Hanna Poddig von ihren Eltern politisch geprägt. Sie demonstrierte mit ihnen gegen den Ausbau von Autobahnen, gegen Müllverbrennungsanlagen und Kernkraftwerke.
Der „normale“ Lebensweg ihrer Klassenkameradeninnen und FreundinInnen, der Weg des Darüberhinwegsehens war für sie keine Option. Schon als heranwachsende Frau wählte sie den anstrengenderen Weg des Auseinandersetzung, des Widerstands und der Veränderung.
Nachdem sie in ihrer Schulzeit mit ihrer Klasse einen Film zum Widerstand der Weißen Rose in Zeiten der Hitler-Diktatur gesehen hatte, ärgerte sie sich über ihre MitschülerInnen, die wie selbstverständlich die Frage, ob sie unter solchen Bedingungen wie Sophie Scholl widerständig sein könnten, mit Ja beantworteten. Sie selbst war weitaus ehrlicher, ging bedeutend selbstkritischer mit dieser Frage um und erkannte, dass ihre MitschülerInnen reine Lippenbekenntnisse ablegten, hinter denen keine Substanz und die sich bei erstbester Gelegenheit in Luft auflösen würden.
Zu späterer Zeit schloss sich dieser Kreis einmal in unerwarteter Weise. Hanna kam mit ihren Großeltern in einen ernsten Dialog über ihre Aktivitäten. Zu ihrer Erleichterung und Freude teilten diese ihr mit, dass sie den Widerstand ihrer Enkelin gegen Ausbeutung, Umweltzerstörung und Krieg als eine Fortführung der Familientradition sahen, da sich bereits Hannas Urgroßeltern entschieden gegen die Hitler-Diktatur und den Krieg gestellt hatten und dafür ins KZ verschleppt wurden.
Verantwortung übernahm sie bereits mit 16 Jahren. Damals war sie für die Leitung einer Jugendgruppe des BUND (Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland) verantwortlich.
Mit 17 Jahren trat sie der Umweltorganisation Robin Wood bei. Von 2002 bis 2007 arbeitete sie dort aktiv als Kletteraktivistin und wurde trotz ihres jungen Alters in den Vorstand gewählt.
Auch nahm sie an Blockade-Aktionen der Rhein-Main-Airbase teil. Eine Ordnungswidrigkeitsanzeige war die Folge der Aktion. Mit Polizeirepression hat sie zu diesem Zeitpunkt schon öfters Erfahrungen gesammelt. Immer wieder war sie auf Demonstrationen und politischen Aktionen willkürlich festgenommen worden und musste viele Stunden in Untersuchungshaft verbringen.
2004 beteiligte sie sich an einer Aktion, welche das Ziel verfolgte einen Atommülltransporter zu stoppen. Der Atommülltransporter konnte nur mit erheblicher Verzögerung sein Ziel erreichen.
2006 besetzte sie das Brandenburger Tor und enthüllte ein Transparent mit der Aufschrift „Kohle Killt Klima“. Einen Tag vor dem Klimagipfel wollte sie mit diesem mutigen Protest auf die Gefahren der Kohleindustrie aufmerksam machen.
Seit 2007 arbeitete sie als Autorin der (anarchistischen Zeitung) „Graswurzelrevolution“ und in der Redaktion des (basisdemokratischen und herrschaftsfreien) Magazins „Grünes Blatt“ mit.
Wegen einer Blockade wurde sie 2008 zu 90 Tagen Haft verurteilt. Hierbei setzte sie das erste Mal bewusst ihr Leben aufs Spiel. Bei dieser Ankettaktion fixierte sich die junge Frau an die Gleise der Bahnstrecke zwischen Husum und Kiel um einen Bundeswehr-Panzertransport zu stoppen. Mit vier weiteren AktivistInnen, die sie mit Decken, Nahrung und Transparenten unterstützten, schaffte sie es den Zug aufzuhalten und den Transport erheblich zu verzögern. Wegen des entstandenen Schadens an den Gleisen drohte ihr die Deutsche Bahn damit, dass sie den Rest ihres Lebens die Schulden abzahlen müsse.
Trotz der Drohung und der Haftstrafe von 2008 kettete sie sich 2012 erneut an Gleise. Dieses Mal allerdings war es kein Militärtransport sondern ein Urantransport aus der Urananreicherungsanlage Gronau. Sie setzte auch dort ihr Leben aufs Spiel, um für die Umwelt und die Menschen einzutreten. Wegen der Blockade des Urantransports wurde sie zu 110 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt. Die bisher höchste je in Deutschland verhängte Strafe wegen einer Blockade.
2009 erschien ihr Buch „Radikal mutig: Meine Anleitung zum Anderssein“. Mit dem Buch beschreibt sie ihr Leben, ihre Motivation sich politisch zu engagieren und klärt über die herrschenden Verhältnisse auf. Sie führt ihre eigene kleine Revolution und möchte möglichst viele Menschen zu selber Nachdenken anregen.
Seit 2012 ist sie aktiv in einem anarchistisches Übersetzungskollektiv engagiert und seit 2014 hält sie regelmäßige Lesungen und gibt Workshops zu sämtlichen politischen Themen.
2017 nahm sie mit einem vielbeachteten Offenen Brief als Aktivistin der Sozialen Bewegungen für Frieden, Menschenrechte und Umweltschutz Stellung zu Polizeigewalt und dem Einsatz für eine Bessere Welt im Rahmen des Treffens der Mächtigen der G20.
Statt ihre Haftstrafen mit (geldwerten) Tagessätzen abzugelten, rückte Hanna immer ins Gefängnis ein. Immer nach der Devise, die von ihren Aktionen verursachten Kosten für die Täter und den die Täter deckenden Staat so hoch wie möglich zu treiben. Daraus entsprang dann auch ihre Idee, die Haftstrafen dann doch nach etwa der Hälfte oder mehr der Dauer abzubrechen und den Rest über eingegangene Spenden zu begleichen. Zugleich verarbeitete sie ihre Erfahrungen in den Gefängnissen aktiv und kritisiert fundamental das Strafsystem.
Bewusst verzichtet Hanna darauf Geld zu verdienen und einem Beruf nach zugehen. Sie definiert den Begriff Arbeit neu und bezeichnet sich selber als Vollzeitaktivistin. Sie hat keinen dauerhaften Wohnsitz und beschafft sich ihre Lebensmittel aus den Müllcontainern der großen und kleinen Supermärkte. Sie möchte sich ihre Unabhängigkeit bewahren und nimmt keine finanziellen Hilfen des Staates in Anspruch.
Neben ihren Tätigkeiten als Aktivistin reist Hanna durch Europa um die internationale Zusammenarbeit für eine Veränderung der Welt hin zu Frieden, Menschenrechten und Umweltschutz zu stärken und durch Vorträge in anderen Ländern globale Zusammenarbeit zu organisieren.
Kuratorium und Vorstand von ethecon erklären:
Die Umwelt- und Friedensaktivistin Hanna Poddig (Deutschland) verteidigt ungeachtet ihrer eigenen Sicherheit Menschen- und Umweltrechte und stellt sich Krieg, Atomindustrie und Staatlicher Gewalt entgegen. Sie tritt nicht nur für die Menschen- und Umweltrechte ein, sondern auch für eine Abschaffung des herrschenden kapitalistischen Systems. Sie handelt zum Vorteil der menschlichen Gemeinschaft. Sie hält Moral und Ethik hoch und stemmt sich gegen den Untergang der Erde als Schwarzer Planet.
ethecon sieht in einer zunehmend auf den Profit als einzigem Kriterium jeglicher Entscheidung und Entwicklung ausgerichteten Welt im Handeln von Hanna Poddig einen herausragenden Beitrag zu Rettung und zum Erhalt unseres Blauen Planeten. Für diese bewundernswerte Pflege und Entwicklung menschlicher Werte ehrt ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie Hanna Poddig mit dem Internationalen ethecon Blue Planet Award 2017.
Der Internationale ethecon Blue Planet Award 2017 an die Umwelt- und Friedensaktivistin Hanna Poddig (Deutschland) wird zusammen mit dem Internationalen ethecon Black Planet Award 2017 an Armin Papperger (Vorsitzender des Vorstands) und Ulrich Grillo (Vorsitzender des Aufsichtsrats) sowie die Großaktionäre Larry Fink (Vorstandsvorsitzender BLACKROCK Inc.) und Paul Manduca (Vorstandsvorsitzender PRUDENTIAL PLC) des Rüstungskonzerns RHEINMETALL (Deutschland) in einem öffentlichen Festakt in Berlin am 18. November 2017 verliehen.
Berlin, Internationaler Tag des Friedens, 21. September 2017