Axel Köhler-Schnura: Eine andere Welt ist nötig

Eine andere Welt ist nötig!

Axel Köhler-Schnura

 
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist Axel Köhler-Schnura. Ich bin einer der beiden Gründungsstifter von „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ und ich möchte Sie für unsere Stiftung gewinnen.
 
Heute, wenige Tage nach Winnenden, stehen wir alle unter dem Eindruck der Bilder und Diskussionen, die im Zusammenhang mit dem Amoklauf eines Jugendlichen – fast eine Kindes noch! – in der Nähe von Stuttgart geführt werden. Ich möchte Ihre bzw. Eure Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Winnenden sehr viel mit ethecon zu tun. Für ethecon steht das Spannungsfeld „Ethik & Ökonomie“ im Zentrum. Und genau darum geht es hier.
 
Es ist das ökonomische System, das unsere Kinder und Jugendlichen in die Verzweiflung, in das seelische Elend, in die Ausweg- und Perspektivlosigkeit, in die Verrohung und in das Assoziale treibt. Es ist der Kapitalismus, der einen solchen Wahnsinn wie Winnenden bewirkt und nach sich zieht. Es ist der Kapitalismus, der die Ethik von Liebe, Solidarität und Menschlichkeit pervertiert in eine Ethik der Gier, der Grausamkeit, der Unmenschlichkeit.
 
Es fällt doch auf, dass immer öfter Jugendliche und Kinder, aber auch Erwachsene, solche Wahnsinnstaten begehen. Was nicht diskutiert und unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass diese Entwicklung einhergeht mit dem Ruin der sozialen Gefüge.
 
Computer, Konsum und Fernsehen ersetzen immer mehr Freundschaft und Familie. Hinzu kommen die immer unerträglicher werdenden Probeme des Alltags, die Arbeits- und Perspektivlosigkeit, die Zerstörung aller menschlichen Werte und die Etablierung von Gier, Egoismus und sozialer Kälte.
 
Wir als Erwachsene werden ja schon schier verrückt angesichts all des Elends und der sozialen Katastrophen und der Kriege und der Verbrechen. Wie geht dann erst unseren Kindern!
 
Nicht die Aufrüstung der Schulen mit Chipkarten und Sicherheitspersonal wird uns vor weiteren Schreckenstaten amoklaufender Menschen retten, sondern nur die Änderung unserer gesellschaftlichen Verhältnisse. Oder, um es noch klarer zu sagen, die Abschaffung des Kapitalismus ist unabdingbare Voraussetzung, sollen unsere Kinder wieder ins Lot kommen!
 
Die Wahnsinnstaten der Amokläufer sind ein Auswuchs. Ich prophezeie hier und heute: Wenn die Schreckensherrschaft des Kapitalismus nicht gebrochen wird, dann werden diese und andere Auswüchse bald zur Normalität werden.
Eine andere Welt ist nicht nur möglich, eine andere Welt ist nötig!
 
Meine Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
hier schließt sich der Bogen zu ethecon. Es gibt tausende von Stiftungen in Deutschland. Sie alle dienen aber vor allem einer Sache: Der steuerbegünstigten Sicherung großer Familien-, Firmen- und anderer Vermögen; daneben dann noch der Umsetzung bestimmter kultureller, medizinischer oder fürsorglicher Aufgaben, der Gewährleistung parteipolitischer Zielsetzungen; oder aber gar der Weiterentwicklung, Durchsetzung und Sicherung neoliberaler Verhältnisse. Insgesamt stabilisieren sie den Kapitalismus!
 
Systemkritische Stiftungen, die den Kapitalismus in Frage stellen oder gar Alternativen zum kapitalistischen Weltbild ausloten und befördern, sind ausgesprochen rar. Sie können an einer Hand abgezählt werden.
Dabei sind es gerade solche Stiftungen, die unser Land angesichts des entfesselten Kapitalismus mit all seinen verheerenden Begleiterscheinungen für Mensch und Umwelt dringend bräuchte.
 
Nun, genau deshalb haben wir, Frau Rehmann und ich, mit ethecon im Jahr 2004 genau so eine antikapitalistische Stiftung gegründet. Und heute, feiert diese Stiftung ihren fünften Geburtstag. Wir begehen diesen Festtag stolz, denn wir können feststellen, dass aus dem Baby ethecon, das Frau Rehmann und ich damals mit 80 Tsd. Euro in die Wiege gelegt haben, ein prächtiges Kind herangewachsen ist. Das Stiftungsvermögen hat sich nahezu versiebenfacht und beträgt heute 522 Tsd. Euro. Gesorgt dafür haben neun StifterInnen, die zu uns gestoßen sind.
Eine neue Zustifterin ist im Vorfeld dieser Tagung zu uns gestoßen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und ihr von hier aus ganz herzlich danken für ihren Schritt. Das stärkt nicht nur die Stiftung, das ist ermutigend für uns alle.
Ich möchte Sie alle herzlich einladen: Wenn Ihnen die Stiftungsidee gefällt, prüfen Sie, ob Sie nicht in irgendeiner Weise die Stiftung stärken und unterstützen können. Stärken Sie ethecon durch eine Spende – egal wie groß oder wie klein. Helfen Sie – wenn möglich – mit einer Fördermitgliedschaft; werden Sie Stifter, vor allem da dies mit einer Ansparzustiftung bereits ab 20 Euro monatlich möglich ist.
 
Wenn Sie nun fragen, wie das geht? Nutzen Sie dafür einfach den Bogen in Ihrer Tagungsmappe. ethecon ist der Beweis: Viele kleine Zustiftungen werden eine große Stiftung schaffen. Machen Sie mit, stärken Sie ethecon. Eine andere Welt ist nötig! Mehr als nötig!!
 
Bevor ich jetzt mit dieser Vision die Tagung schließe, möchte ich aber doch noch etwas sagen. Ich möchte allen danken, die zu dem Gelingen dieser Tagung beigetragen haben. den vielen HelferInnen, die den Aufbau und den Einlass sichergestellt haben, unserer Fotografin, die diese Tagung dokumentiert, unserer bezaubernden Moderatorin, unserer Studentin, die die Fotoshow über Sistema zusammengestellt hat – ohne die vielen Hände und die viele positive Energie wäre diese Tagung nicht gelungen. Natürlich kann diese Leistungen auch alle für Geld kaufen, doch wieviel wertvoller sind sie, wenn sie freiwillig gegeben werden. Also an Euch alle ein großes Dankeschön. Und auch an Euch, das Publikum, das Ihr bis hierher ausgeharrt und uns hier am Mikrofon zugehört habt. Danke.
 
Damit lade ich Sie bzw. Euch alle noch ganz herzlich zu einem Glas Sekt ein, stoßt mit uns auf unseren fünften Geburtstag an.
Vielen Dank! Tschüss!
 
14. März 2009