Medieninformation 09-11-22

„Auch ich bin Israel”
Blue Planet Award von ethecon für Uri Avnery

(Berlin). Unter dem stürmischen Beifall im voll gefüllten Saal des Berliner Pfefferwerkes wurde gestern (21.11.2009) der Blue Planet Award der Stiftung „ethecon“ an den israelischen Journalisten und Friedensaktivisten Uri Avnery verliehen. Der 86jährige ehemalige Knesset-Abegordnete erhielt die undotierte Auszeichnung, ein kleines Original-Werk von Künstler-Legende Otto Piene – aus den Händen von Stiftungsvorstand Axel Köhler-Schnura für „seinen unermüdlichen und couragierten Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit“.

Laudator Abraham Melzer, der die Bücher von Avnery in Deutschland verlegt, zeichnete in seiner bewegenden Rede einige Lebensstationen des zeitweiligen „Staatsfeindes Nummer eins“ in Israel nach. Etwa, wie Uri Avnery bei einer Demonstration von Angehörigen der Armee seines Landes die Hände gebrochen wurden, wohl, um ihn vergeblich daran zu hindern, seine wöchentliche bissige Kolumne zu schreiben, die er beharrlich seit nunmehr über 55 Jahren zu Papier bringt. Bewegend auch die Foto-Animation einer Jugendlichen zu Unrecht und Widerstand in Israel und Palästina. Darunter ein Bild, das um die Welt ging: Uri Avnery umarmt als erster Israeli Yassier Arafat inmitten der Frontlinien und schützt so das Leben des Palästinenserführers. Arafat, so Abraham Melzer, habe diese Geste, bei der Uri Avnery hätte umkommen können, sein ganzes Leben lang nicht vergessen.

Als am Ende der mit der Joan-Baez-Hymne „We shall overcome“ unterlegten Foto-Schau Uri Avnery selbst die Bühne betrat, gab es kein Halten mehr. Das Publikum erhob sich von den Sitzen und applaudierte dem Preisträger minutenlang. Dieser warnte eindringlich vor einem neuen Antisemitismus. Auch die übertrieben freundliche „Sonderbehandlung“ der Juden, ein Begriff aus der Sprache von Auschwitz, mit dem die Vernichtung umschrieben wurde, passe ihm, Avnery, nicht. Der Holocaust dürfe kein Alibi sein, die „menschenverachtende Praxis“ Israels gegenüber den Palästinensers hinzunehmen. Es sei ein Akt der Freundschaft, Israel deswegen zu kritisieren. Avnery wörtlich: „Oder würden Sie aus Höflichkeit einen ihrer besten Freunde nicht davon abhalten, betrunken Auto zu fahren?“ Die israelische Regierung, so Avnery, vertrete nicht das ganze Volk. Unter starkem Beifall rief Avnery, der zusammen mit seiner Frau Rachel auch den Alternativen Nobelpreis und andere Auszeichnungen erhalten hat: „Auch ich bin Israel.“

Wie in den Jahren zuvor gab es auch wieder einen „Black Planet Award“, diesmal für das menschenverachtende und umweltzerstörende Gebaren des taiwanesischen Chemie-Multis „Formosa Plastics“ Die Übergabe des industriell hergestellten und mit schwarzer Farbe übergossenen Globus an einem Sitz des Konzerns wird die erste ethecon-Preisträgerin, die texanische Aktivistin Diane Wilson, übernehmen, die zum Beispiel damit berühmt wurde, dass sie den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush wegen des Völkermordes im Irak mit Blut bespritzte. Formosa Plastics betreibt ein Werk in der Heimat von Diane Wilson und hat der ehemaligen Krabbenfischerin durch die Verseuchung der Umwelt die Existenzgrundlage entzogen – weshalb die Geschädigte in einer spektakulären Aktion aus Protest ihr Fischerboot in die Luft gesprengt hatte. Derzeit befindet sich dich couragierte Frau zusammen mit anderen im Hungerstreik gegen den Klimakollaps und gegen das Nicht-Handeln der Regierungen. Diane Wilson kündigte an, ihren Protest persönlich vor den Toren der bevorstehenden Klimakonferenz in Kopenhagen vorzutragen – was Preisträger Uri Avnery dazu bewog, die „Gleichgesinnte“ solidarisch in die Arme zu schließen, so, als wollte er ihr Leben schützen.

Hubert Ostendorf

Bereits seit 2006 verleiht „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ mit wachsendem öffentlichen Interesse zwei internationale Preise:

Der Positiv-Preis „Blue Planet Award“ würdigt herausragenden Einsatz zum Erhalt und zur Rettung des „Blauen Planeten“.

Der Schmähpreis „Black Planet Award“ stellt herausragende Verantwortung für die Heraufbeschwörung eines „Schwarzen Planeten“, also für den Ruin und die Zerstörung der Erde, an den internationalen Pranger.

In Zusammenarbeit mit ZERO-Legende Otto Piene wird mit dem internationalen ethecon „Blue Planet Award 2009“ der israelischen Friedens- und Menschenrechtsaktivist Uri Avnery geehrt.

Mit dem internationalen ethecon „Black Planet Award 2009“ werden die auf ein Vermögen von bis zu 70 Milliarden Euro geschätzte Besitzerfamilie Wang, der Geschäftsführer Lee Chih-tsuen und das Management der FORMOSA PLASTICS GROUP (FPG)/Taiwan international angeprangert.

Das Thema des Festaktes zur Verleihung der beiden internationalen ethecon-Preise ist „Fahnenflucht – Krieg & Desertion“. Referent ist der US-Irak-Kriegs-Deserteur André Shepherd.

„ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ ist im Gegensatz zu den vielen Konzern-, Familien-, Kirchen-, Partei- und Staatsstiftungen eine der wenigen Stiftungen „von unten“. ethecon sieht sich in der Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen. Die Stiftung hat derzeit elf StifterInnen und ist offen für weitere Zustiftungen.

 
 
Weitere Informationen, Hintergründe,
O-Töne und Interview-Termine bei:
Axel Köhler-Schnura (Vorstand ethecon)
0211 – 26 11 210

eMail mailto:info@ethecon.org