Auszeichnung: Erhalt des Blauen Planeten

Auszeichnung für herausragenden Einsatz um den Erhalt des Blauen Planeten für Vandana Shiva

Am Samstag, den 1. Dezember 2007 hat die „ethecon – Stiftung für Ethik & Ökonomie“ in Berlin zum zweiten Mal den „Blue Planet Award“ verliehen. Der Preis, eine von dem berühmten Künstler Otto Piene*1 handbemalte Glasplatte, ging an die indische Aktivistin Vandana Shiva.

Hubert Ostendorf, Vorstand der ethecon-Stiftung und Mitorganisator, konnte ganz zufrieden sein: „Unsere Erwartungen wurden bei weitem übertroffen“. Nach einer freundlichen Begrüßung der Moderatorin Christiane Schnura folgte auch schon der erste Vortrag. Prof. Hans See, Chefredakteur der Zeitschrift „Big Business Crime”, referierte über das Thema „Wirtschaft zwischen Demokratie und Verbrechen“. Prof. See wies auf die gefährliche Tatsache hin, dass die Verantwortlichen in der Wirtschaft „auch die, die sich als aufrechte Demokraten und subjektiv ehrliche Kapitalvertreter zum Sozialstaat bekennen“, objektiv zwischen Demokratie und Verbrechen stünden.“ Dies bedeute, dass in unserem kapitalistischen System die Wirtschaft zu einem eigenen feudalistischen Substaat geworden ist, in dem Entscheidungen gegen die Demokratie getroffen würden. Weiter referierte er, dass der Sozialstaat nachweislich längst aufgehört habe, die Kontrollen gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht auszubauen und dass Arbeitnehmer und Arbeitslose systematisch ihrer sozialen Rechte und ihrer bürgerlichen Freiheiten beraubt würden.

Nach der Pause wurde es spannend. Prof. Jürgen Rochlitz, von der Kommission für Anlagensicherheit, brachte nach seiner Laudatio über Dr. Vandana Shiva die traurige Nachricht, dass die indische Preisträgerin erkrankt und nicht reisefähig sei. Er wies in seiner Lobrede auf den herausragenden Einsatz dieser Umwelt – und Menschenrechtsaktivisten hin. Auch lobte er ihre Bemühungen, mit dem Öko-Feminismus die weibliche Perspektive in die ökologische Diskussion einzubringen und zählte die zahlreichen Erfolge gegen die „Biopiraterie“ großer Konzerne für Saatgut auf. Weltweit unterstützt die indische Quantenphysikerin Kampagnen gegen genetisch veränderte Lebensmittel.

Stellvertretend für Vandana Shiva nahm Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, den von dem weltberühmten Künstler Otto Piene kreierten, „Blue Planet Award“ entgegen. In Vandana Shivas Grußwort bedankte sich die Preisträgerin für die Ehrung und bedauerte zutiefst ihre Abwesenheit. In ihrem Statement erwähnte sie, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit gegen Gentechnik-Nahrung aber auch gegen die Machenschaften internationaler Gesellschaften.

Der diesjährige Negativpreis „Black Planet Award„ ging an Peter Brabeck-Letmathe (Vorstandsvorsitzender NESTLÉ) und Liliane de Bettencourt (Großaktionärin NESTLÉ) bekannt gegeben. Sie stehen für das Großkapital und das verantwortliche Management des NESTLÉ-Konzerns. Prof. Erich Schöndorf, Mitglied des Vorstands von Business Crime Control und ehemaliger Staatsanwalt im Holzgift-Prozess gegen BAYER-Manager, der aus Protest gegen die Einstellung des Strafbefehls von seinem Amt zurückgetreten war, entlarvte in seinem fiktiven Interview mit Brabeck-Letmathe die menschenverachtende Grundeinstellung des NESTLÉ-CEO und seiner Unternehmenspolitik. Die Komik des Interviews entwickelte Prof. Schöndorf meisterhaft durch die zwei grundlegend unterschiedlichen Ausgangspositionen zwischen Interviewer und Interviewtem. Zwei Welten schienen, an einander vorbei zu rauschen. Während der NESTLÉ-Chef mit aktuellen Vorwürfen gegen die Strategien seines Unternehmens konfrontiert wurde, konterte dieser mit sarkastischen Argumenten, die seine Unternehmensphilosophie ad absurdum führten. Zum zweifelhaften Umgang NESTLÉs mit Gewerkschaftsmitgliedern beispielsweise in Kolumbien ließ Prof. Schöndorf den NESTLÉ-CEO makaber antworten: „In Kolumbien, Herr Schöndorf, herrscht Krieg. Da schießt jeder auf jeden. Da geraten natürlich auch Unschuldige zwischen die Fronten“. Die gelungene Satire hinterließ – in Anbetracht der Tatsache, dass alle Antworten Brabecks realistisch blieben und dem wahren Charakter des Unternehmens entsprachen – bei so Manchem einen bitteren Nachgeschmack. „Ich habe keine Doppelmoral -“ wehte sich Brabeck zum Schluss, „ich habe gar keine!“.

Nach diesem Interview übernahm die Jugend das Wort. Die 18 Jährige Schweizerin Sandra Ujpétery von NescaFAIR erzählte über ihren Einsatz für fairen Handel bei NESTLÉ. 40000 KonsumentInnen hätten ihre Petition unterzeichnet und dennoch weigere sich der Konzern, die Unterschriften öffentlich entgegen zu nehmen.

Daraufhin reichte Prof. Schöndorf den Stellvertretern von NescaFAIR den „schwarzen Planeten“, die diesen nach Vevey zur NESTLÉ-Konzernzentrale in die Schweiz bringen werden. Vielleicht öffnet der Lebensmittelmulti diesmal seine Pforten, um sich der Kritik zu stellen. ethecon wird diese Reise weiterhin begleiten und kommentieren.

Mit dem internationalen Schmähpreis „Black Planet Award“ werden in konsequenter Ergänzung zum „Blue Planet Award“ Personen gebrandmarkt, die im Spannungsfeld Ethik und Ökonomie ethische Prinzipien in herausragender Weise missachten.

Der Name der ethecon-Stiftung ist zugleich das Credo ihrer Mitglieder: ethecon will die notwendige Verbindung und Dialektik von Ethik und Ökonomie thematisieren. Axel Köhler-Schnura, Vorstand und Gründungsstifter von ethecon:

“Das Durchsetzen ethischer Prinzipien und damit das Abstellen von Ausbeutung, Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen, Krieg und sozialem Elend wird nur unter Berücksichtigung der ökonomischen Bedingungen möglich sein“. Und er stellt fest: „Es ist die Ökonomie, die die Rahmenbedingungen für gesellschaftliches und persönliches Handeln abgibt.“

Mit der jüngsten Verleihung beider ethecon-Preise wurde somit verdeutlicht, wo und wie die Frontlinie in der Auseinandersetzung um unser aller Lebensgrundlagen verläuft und wer die Verursacher und Profiteure von Umweltzerstörung und Raubbau an natürlichen Ressourcen sind. Die Ehrung der weltbekannten Aktivistin Vandana Shiva war in diesem Rahmen ein Mutmachendes Ereignis, denn eine bessere Welt ist möglich, man muss sie sich nur erkämpfen.

*1 Prof. Otto Piene, Jahrgang 1928, hat zusammen mit Günther Uecker und Heinz Mack die international bekannte Künstlergruppe ZERO gegründet und damit Kunstgeschichte geschrieben. Seine „Feuerbilder“, sein „Lichtballet“ und seine „Sky-Art“ sind legendär. Pienes Werk wurde mit Auszeichnungen überhäuft, zuletzt mit der Jean Miró Medaille der UNESCO dem renommierten Leonardo da Vinci Award. Den „Blue-Planet-Award“ hat Piene eigens für ethecon geschaffen – ein Acryl-Gemälde auf Glas, das jedes Jahr als Original neu geschaffen wird. Pienes Kunstwerke sind in allen großen Museen der Welt vertreten und erzielen Spitzenpreise bei Sammlern.