Schmutziges Geschäft mit Lebensmitteln

Schmähpreis „Black Planet Award“ geht an NESTLÉ-Verantwortliche

Die Berliner Stiftung ethecon verleiht den Black Planet Award 2007 an Peter Brabeck-Letmathe (63J), NESTLÉ-Vorstandsvorsitzender und an die französische Großaktionärin, Liliane de Bettencourt (85J), sesshaft in Neuilly sur Seine. Beide stehen als Vertreter für das verantwortliche Management und das Großkapital des NESTLÉ-Konzerns.

Als weltweit führendes Nahrungsmittelunternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz, lässt NESTLÉ überall auf der Welt seine Produkte herstellen und verkaufen. Missstände in NESTLÉ Fabriken stehen ebenso an der Tagesordnung wie Konflikte mit ArbeitnehmerInnen-Vertretern bis hin zu Menschenrechtsverletzungen.

Aktuelles Beispiel: Polen – Glassplitter in NESTLÉ-Babynahrung
Im April 2007 erwirbt Nestle für 5,5 Mrd. US$ den Gerber-Konzern (ein Novartis-Tochterunternehmen) einschließlich dessen einziger europäischer Fabrik, der Firma Alima-Gerber S.A. im polnischen Rzeszow. Seit Jahren – auch vor der Übernehme NESTLÉs – machen Betriebsrat und Gewerkschaft auf unzählige Missstände in der Fabrik, die vor allem Baby- und Kindernahrung sowie Obst- und Gemüsekonserven produziert, aufmerksam. Mehrfach seien sowohl die Vorstände von Alima-Gerber als auch von NESTLÉ auf die Missstände aufmerksam gemacht worden, doch nichts geschieht.

Das Durchschnitteinkommen eines Fabrikarbeiters beträgt umgerechnet um die 250€ im Monat, die meisten Angestellten, sagt Chemie-Sekretär René Schulte, lebten am Existenzminimum oder sogar darunter.

Als sei das nicht schon schlimm genug, setzt das polnische NESTLÉ-Unternehmen zunehmend auf Zeitarbeit. Mehr als die Hälfte der Arbeiter, die in der Produktion tätig sind, wurden über Zeitarbeitsfirmen vermittelt. Sie haben meistens einen Einmonatsvertrag und verdienen 4 PLN was ca.1€ die Stunde entspricht, „weniger als der Preis von zwei Hamburgern“ so Jacek Kotula Gewerkschaftsführer Solidarity Trade Union in Alima-Gerber S.A.

Die Arbeiter aus Zeitarbeitsfirmen sind in der Regel für die Arbeit in Laboren und an speziellen Maschinen nicht ausreichend qualifiziert. Zudem wechselten diese, auf Grund des niedrigen Gehalts, sobald sich eine bessere Gelegenheit biete, das Unternehmen. Kein Wunder: „Der Eiskreme-Hersteller Koral zahlt seinen Arbeitern für eine ähnliche Arbeit 100% mehr Gehalt“ so der Gewerkschaftsführer weiter. Doch damit nicht genug der Missstände.

Das Zusammenspiel zwischen Stellenstreichungen in qualitäts- sichernden Bereichen (wie Laborarbeit) einerseits und die Ersetzung der Stellen durch ungelernte dafür günstigere Zeitarbeiter andererseits, bedrohen die Qualität der Produkte. So kam es im Oktober 2007 zu einem Skandal, als Glassplitter in NESTLÉ-Gerber-Babynahrung gefunden wurden. Als Eigentümer des Unternehmens Alima-Gerber, ist NESTLÉ verantwortlich für die Qualitätsverschlechterung der dort produzierten Nahrungsmittel. In vielen Bereichen in denen es um die Nahrungsmittelgüte geht, ist mittlerweile jeweils nur eine Person verantwortlich und diese ist meist auch noch unterqualifiziert. Wer diesen Job in Krankheitsfällen oder Urlaubszeiten übernimmt, weiss im Betrieb auch niemand. Das Ergebnis ist ein 500%iger Anstieg verschmutzter und vergorener Nahrung. „Tschechische Labore fanden zudem höhere Pestizidwerte in Baby-Nahrung“ so Jacek Kotula wieder.

Trotz gesetzlicher Verordnungen, laut derer beispielsweise mindestens zwei Arbeiter pro Schicht an bestimmten Maschinen platziert werden müssten macht die Gewerkschaft des polnischen Unternehmens mehrfach darauf aufmerksam, dass das Unternehmen etliche Auflagen wie diese nicht Erfüllt.

Miserable Arbeitsbedingungen, die schlimmer wohl nur in China seien, so der Gewerkschaftler weiter, und immer wieder unbezahlte Überstunden, ziehen das NESTLÉ Tochterunternehmen mehrfach vor Gericht. Bisher hat dies aber an den Missständen im Unternehmen nichts geändert.

Der Betriebsrat der Alima-Gerber fordert im Namen der polnischen Arbeiter die Verantwortlichen dazu auf, alle nötigen Schritte zu unternehmen, um die Missachtung des Arbeitsrechts und den Qualitätsverlust der Produkte zu stoppen. „Wir möchten: unter guten und sicheren Bedingungen arbeiten, stolz auf die hohe Qualität unserer Produkte sein und ausreichend – für unseren Beitrag am Erfolg des Unternehmens – entlohnt werden, sodass wir, wie es in der Unternehmenserklärung gefordert wird, ein menschenwürdiges Leben führen können.“ so Jacek Kotula Solidarity Trade Union in Alima-Gerber S.A.

Neben dem Black Planet Award wird der Positivpreis Blue Planet Award an die indische Umweltaktivistin und Menschenrechtlerin Vandana Shiva verliehen. Die Verleihung der beiden internationalen ethecon-Preise für das Jahr 2007 wird im Rahmen einer Stiftungstagung am Samstag, 1. Dezember 2007 in Berlin stattfinden.

Der „Blue-Planet-Award“ wird alljährlich als Original vom Künstler Otto Piene eigens für ethecon geschaffen – bestehend aus einem Acryl-Gemälde auf Glas. Prof. Otto Piene, Jahrgang 1928, hat zusammen mit Günther Uecker und Heinz Mack die international bekannte Künstlergruppe ZERO gegründet und damit Kunstgeschichte geschrieben. Seine „Feuerbilder“, sein „Lichtballet“ und seine „Sky-Art“ sind legendär. Pienes Werk wurde mit Auszeichnungen überhäuft, zuletzt mit der Jean Miró Medaille der UNESCO dem renommierten Leonardo da Vinci Award. Pienes Kunstwerke sind in allen großen Museen der Welt vertreten und erzielen Spitzenpreise bei Sammlern.

ethecon ist eine junge Stiftung, die sich vor allem in der Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen sieht. Die Stiftung hat derzeit sieben StifterInnen, 58 Fördermitglieder, 423 SpenderInnen und ein Stiftungskapital von 499 Tsd. Euro (30.06.07). Zustiftungen, Spenden und weitere Fördermitgliedschaften sind willkommen.