Grußwort Diane Wilson

Grüße an die Mitglieder der Stiftung Ethecon, die PreisträgerInnen und die geehrten Gäste.

Mein Name ist Diane Wilson und ich habe 2006 den ersten Blue Planet Award verliehen bekommen. Ich bin dadurch sehr geehrt und bin stolz, eine Preisträgerin des Blue Planet Award zu sein. Der Preis würdigte nicht nur meine Arbeit als Umweltaktivistin im Kampf für den Erhalt der Küsten und Meeresmündungen entlang des Golf von Mexiko und der dort lebenden Fischergemeinden, sondern auch meinen Kampf als Kriegsgegnerin.

Heute freue ich mich, dass die Stiftung ethecon die Wang Familie, Lee Chih-Tsuen, und das verantwortliche Management von FORMOSA PLASTICS mit dem Black Planet Award für ihre umweltzerstörerischen Praktiken, mit denen sie den Erhalt unserer Heimat, den Blauen Planeten, mit Füßen treten, an den internationalen Pranger stellen werden.

Ich bin Fischerin in der vierten Generation, seit ich acht Jahre alt bin, bin ich auf dem Wasser zuhause. Ich habe diese Liebe zum Meer von meinem Vater und Großvater geerbt. Deswegen dachten viele Menschen ich sei verrückt, als ich 2005 mein eigenes vier Fuß großes Fischerboot versenkt habe. Doch die Gründe für meine Handeln lagen auf der Hand. Die Küsten, an denen meine Familie seit Generationen fischte, wurden systematisch und vorsätzlich von dem PVC-Giganten FORMOSA PLASTICS zerstört. Unter offenkundiger Missachtung und Verletzung von geltenden Umweltschutzgesetzen, lud FORMOSA PLASTICS, im Besitz einer von YC Wang gegründeten Familiendynastie aus Taiwan, Millionen Gallonen von giftigen Abwässern in ein empfindliches Küstengebiet, ohne dafür eine Genehmigung zu haben. Weder die EPA (Enviromental Protection Agency / Umweltbehörde der US-Regierung) noch die texanische Umweltschutzbehörde kümmerte sich darum. In den vorherigen Jahren waren die Einleitungen von verseuchten Abwässern von FORMOSA PLASTICS derart exzessiv, dass sie laut der Texanischedn Wasserschutzbehörde „das Ökosystem total veränderten“. Und so fürchtete ich, dass FORMOSA noch ein weiteres Küstengebiet aus bloßer Profit- und Geldgier zerstören wird. Und das war der Grund für die wahrlich drastische Maßnahme, mein Fischerboot zu versenken. Mir war klar, dass der Verlust meines Bootes nichts ist gegen den Verlust und die Zerstörung eines Ökosystems und der Lebensgrundlagen der Fischer. Meine Intention war es, einen Aufschrei zu provozieren gegen das verbrecherische Handeln der Verantwortlichen von FORMOSA PLASTICS.

Vor kurzem wurde FORMOSA PLASTICS mit einer Geldstrafe von 13 Millionen US-Dollar belegt. Ich stehe seit zwanzig Jahre mit den Arbeitern von FORMOSA in Kontakt und weiß über ihre Beschwerden Bescheid. Sie erzählen mir von nicht dokumentierten Freisetzungen von Giftstoffen, ungesicherten Stiegen und Arbeitsplatttformen, verrosteten Abzugsventilen, Lecks in den Giftstoff-Behältern, und den derart zahlreichen Störfällen mit Vinylchlorid, dass der Alarm im Kontrollraum ausgestellt wurde. Oft schon haben sich die Arbeiter bei FORMOSA beschwert, aber Beschwerden sieht man nicht gern. Beschwerden führten oft schon zu Entlassungen. Einige von den Arbeitern, mit denen ich gesprochen habe, haben sich auch bei Landes- oder Bundesbehörden beschwert und haben auch Informationen zu einer Untersuchung von Abwasservergehen geliefert, die 2001 dazu führten, dass das FBI bei FORMOSA Abwasserunterlagen beschlagnahmte. Die Beschuldigung war, dass das Management von FORMOSA die Abwasserberichte manipulierte. Mit anderen Worten, FORMOSA fälschte die Bücher. Einer der an der Untersuchung Beteiligten sagte später, dass der Fall eingestellt wurde, obwohl die gemeinsame Untersuchungsgruppe der EPA, des FBI und der texanischen Regeirung eine Anklage gegen FORMOSA vorgelegt haben. In Texas weiß jeder, dass die Konzerne über mächtigen Einfluss verfügen und diesen auch nutzen.

Damit hörten die Zerstörungen der Umwelt und Verletzungen von Recht und Gesetz nicht auf. Ich denke, dass das der Grund für die Strafe von 13 Mio. US Dollar ist, die gegen FORMOSA verhängt wurde. Ich nehme an, sogar die EPA hatte es satt. Aktuelle Ermittlungen der EPA in dem FORMOSA-Werk in Point Comfort/Texas deckten beträchtliche Verletzungen des Gesetzes zur Luftreinhaltung bei Entdeckung und Instandsetzung von Lecks auf, eingeschlossen des Fehlens korrekter Überwachung der leckenden Stoffe (500 verschiedene in einer Einheit), einschließlich des Unvermögens, die Ausrüstungen zur chemischen Produktion überhaupt in das Leck-Kontroll- und Reparatur-Programm überhaupt aufzunehmen und einschließlich des Unvermögens, leckende Anlagen unmittelbar zu reparieren. Die Ermittler fanden auch „erhebliche“ Verletzungen des Leck-Überwachungs- und Reparatur-Programms, Verletzungen im Giftabfall-Bereich der Anlage und Verletzungen der Abwasser-Auflagen.

Im Januar 2009, veröffentlichte das Wissenschaftsjournal „Ecotoxicity“ einen Bericht von Wissenschaftlern der A&M University Texas. Dieser Bericht deckte Veränderung von Chromosomenstrukturen und anderen genetischen Zerstörungen bei Rindern auf, die im Bereich von sechs Meilen im Abwind der von FORMOSA leben. Die Veränderung der Chromosomen-Struktur und andere genetische Beeinträchtigungen erhöhen für die Tiere das Krebs-Risiko und Schäden bei Vererbung und Fortpflanzung. Auf Grund des starken und ständigen Windes aus dem Südosten, erwarteten die Forscher für den Fall, dass FORMOSA der Verursacher ist, dass die Rinder die im Abwind der Anlagen leben, eine größere Beeinträchtigung der Genstruktur aufweisen. Und tatsächlich, die Ergebnisse zeigten „starke Hinweise auf erhöhte Schädigungen“. Wesley Bissett, Leiterin der Studie und Veterinärin vom A&M College für Veterinärmedizin/Texas, sagte, dass von den Rindern mit DNA-Schäden „rund um die FORMOSA-Anlagen diejenigen mit den höchsten Schäden in direkter Nähe oder im Abwind der Anlagen leben“. Bisset berichtet über Schäden bei Rindern in direkter Nachbarschaft zu den FORMOSA-Anlagen und in Gebieten wo der Wind die giftigen Abgase hinbläst.

Im Oktober 2009 wird ein Treffen von der EPA in Calhoun City stattfinden, auf dem die von FORMOSA verursachte erhebliche Ethylendichlorid-Verpestung erörtert wird, die durch Überproduktion, Limitüberschreitungen, spills und allgemeine Nachlässigkeit zustande kamen. Diese haben dazu geführt, dass eine nahe gelegene Raststätte am Highway 35 geschlossen werden musste, dass in der Folge ein Ausverkauf von Grundstücken stattfand, dass das „betroffene Gebiet“ mit 1,50 m frischer Erde abgedeckt werden musste und dass das Grundwasser ebenso wie der nahe gelegene Cox Creek verseucht wurden, mit Tausenden manchmal Hunderttausenden von Millionstel (ppm). Die Sicherheit der lokalen Wasserversorgung ist derzeit nicht mehr gesichert.

Ich bin überzeugt, dass dieser schlampige Umgang mit der Umwelt nur ein Zeugnis für die gesamte Arbeitsweise von FORMOSA ist. Ich sorge mich um die Arbeiter. Viele von ihnen leiden unter Thrombose, neurologische Schäden, kognitive Beeinträchtigungen oder ernsten peripheren Nervenkrankheiten, die nur mithilfe eines Implantats behandelt werden können, das Morphine in das zentrale Nervensystem abgibt. Ein Arbeiter macht sich Sorgen, weil ein Freund aus seiner Abteilung an einem Gehirntumor gestorben ist. Eine andere Arbeiterin atmete durch die defekten Ventile und Leitungen im Umfeld der PVC-Anlage die Giftstoffe ein und starb an Angiosarcoma, Leberkrebs. Bei einer Vielzahl von Arbeitern haben sich Knoten an den Köpfen gebildet, ihre Freunde haben ihnen geraten, eine Biopsie durchführen zu lassen. Aber sie gehen nicht zum Arzt aus Angst vor der Diagnose – Gehirnkrebs.

Die Besorgnis der Arbeiter an einem Gehirntumor zu erkranken, machte derart die Runde, dass die Firmenleitung von FORMOSA darauf aufmerksam wurde. Sie reagierte mit einem Rundbrief an alle Beschäftigten, in dem sie einen Mediziner ankündigten, der über die Gefahren und Risiken von Gehirntumoren informieren würde. Der Arzt erzählte dann den besorgten Arbeitern vor allem, dass es keine Verbindung zwischen dem Vinylchlorid und Gehirntumoren gibt. Wer also weiß, was die Ursache ist? Vielleicht das Barbeque, das wir gegessen haben? Zuviel Trinkwasser? Egal, es ist die Dosis die das Gift macht.

Einer der FORMOSA-Arbeiter war an der täglichen Kontrolle und Erfassung der Vinylchlorid-Lecks in der PVC-Anlage beteiligt. Die zulässige Sicherheitsgrenze für die Aufnahme von Vinylchlroid für Arbeiter in einer Fabrik liegt bei einem Teil pro Million (1 ppm) innerhalb von acht Stunden. Die Vinyl-Lecks rund um die PVC-Anlage haben die Größenordnung von 1.2 bis 7 bis 13 bis 35 bis 177 bis 987 bis 6.000 ppm. Und das in jeder Stunde an jedem Tag in jedem Jahr. Und der Arbeiter arbeitete dort seit 25 Jahren. Ein anderes Mal wurde EDC (Ethynoldichlorid) irrtümlich in die PVC-Anlage geleitet und die Arbeiter wateten drei Tage durch den Giftnebel, geschützt mit nichts außer Gummistiefeln und Gummihandschuhen. Wieder ein anderes Mal war die Produktionsleitung von Vinylchlroid mit der Trinkwasserleitung gekoppelt, so dass die Arbeiter mit Vinylchlorid vergiftetes Wasser tranken. Schluss war es dann für diesen Arbeiter, als er auf Anweisung seines Vorgesetzten einen Bericht über einen vier-Tonnen-Vinylchlorid-Unfall derart fälschen sollte, dass die Firma lediglich das Austreten von 2,79 Pfund an die EPA melden konnte.

Ich bin höchst erfreut, dieses Grußwort im Rahmen der Preisverleihung an die versammelte Öffentlichkeit des Festaktes zur Verleihung der beiden internationalen ethecon-Preise „Blue Planet Award 2009“ und „Black Planet Award 2009“ richten zu können. Vor allem, weil diese Stiftung den Mut und die Hartnäckigkeit hatte, die verantwortlichen Personen und Manager zu ermitteln und an den Pranger zu stellen, die bei FORMOSA PLASTICSA GROUP verantwortlich sind für die Zerstörung und den unverantwortlich Umgang mit den Küsten, die ich liebe und den Menschen die dort leben. Ein großes Bravo für die Stiftung Ethecon!!!