Grußwort Prof. Dr. Wolfgang Richter / Gesellschaft für Bürgerrecht und Menschenwürde e.V. (GBM)

Mit Freude und Zustimmung haben wir von dem Vorhaben Ihrer Stiftung erfahren, Prof. Angela Davis den Internationalen ethecon Blue Planet Award 2011 zu verleihen. Das drängt uns, Sie solidarisch zu dieser Wahl zu beglückwünschen. Wir möchten gern auch in der Schar der Gratulanten mit die Ersten sein. Denn vor sechs Jahren – im Jahr 2004 – haben wir selbst Angela Davis mit dem Menschenrechtspreis der GBM in Berlin ausgezeichnet.

Nicht wenige unserer Mitglieder können sich erinnern, dass sie in Solidarität mit Angela Davis schon in der Zeit ihres Gefängnisaufenthaltes Rosen an Angela schickten und Briefe ins Gefängnis schrieben als Teil einer weltweiten Kampagne für ihre Freilassung. Die Bürgerrechtlerin Angela Davis wurde 1972 durch den weltweiten Protest gegen ihre völlig unberechtigte Inhaftierung vor einem drohenden Todesurteil gerettet und aus dem Gefängnis befreit. Sie arbeitet heute als Professorin für Soziologie und politische Wissenschaften an der Universität Santa Cruz.

Wir haben sie für Ihr politisches und wissenschaftliches Lebenswerk im Kampf um Bürger- und Menschenrechte geehrt. Sie ist eine sozial äußerst engagierte Wissenschaftlerin und eine geachtete Sprecherin und Organisatorin der Frauen-, Antirassismus-, Antikriegs- und Antitodesstrafenbewegung. Ihr Name hat einen besonderen Klang, eine Aura, die den Zeiten und ihren Wenden trotzte. Nicht deshalb, weil ihre und unsere Sache der Menschlichkeit, des Kampfes gegen Krieg und Armut, gegen fehlende Gleichberechtigung der Geschlechter und Hautfarben, gegen politische Strafverfolgung, Justizmissbrauch und Berufsverbote in den letzten Jahrzehnten weltweit gesiegt hätte und nun die Namen aller, die diesen Sieg an so hervorragender Stelle errangen, weltweit die Denkmäler der Menschheit schmückten. Nein, vielleicht gerade deshalb, weil dafür noch viel zu tun bleibt, weil die Geschichte nicht ständig nur Fortschritte bringt, sondern auch Rückschläge beschert, weil es zu wenige sind und immer waren, die so sind wie sie, weil gerade Niederlagen den Erfolg noch dringender und drängender machen und weil die Gefahren für die Menschheit und das Schicksal der Erde nicht geringer, sondern eher noch größer werden. Die Geschichte hat uns erneut auf den Weg geschickt.

Die Ziele von Angela Davis haben in all den Jahrzehnten ihres Engagements von ihrer Aktualität nichts eingebüßt. Noch immer und gerade heute bleibt eine Hoffnung, dass es gelungen ist, sie einst aus dem Kerker zu befreien, dass mächtige und weltweite Bewegungen gegen den Afghanistan- und Irakkrieg, gegen imperiale Globalisierung, wachsende Armut, Rassismus, Ungleichbehandlung von Frauen, Justizmissbrauch und Todesstrafe auch heute zum Erfolg führen können, wenn wir es alle, wenn Millionen, ohne sich entmutigen zu lassen, es zielstrebig verfolgen und wollen. Als Angela Davis vor über dreißig Jahren das Gefängnis verließ, hielt sie eine bewegende Rede, in der sie ihre Befreiung aus dem Kerker und ihre Rettung vor der Gaskammer nicht ihren Sieg, sondern einen Sieg des Volkes nannte: »Was wir wirklich feiern, Schwestern und Brüder, ist unsere Fähigkeit, den Herrschenden dieses Staates eine machtvolle, unmissverständliche Niederlage bereiten zu können.« Und sie stellte die große Aufgabe, eine Bewegung zu formieren, »die machtvoll genug ist, die gesamte herrschende Klasse zu entthronen. … Ich bin so lange siegesgewiss und guter Dinge, solange ich weiß, dass so viele Millionen Menschen mit mir in einer Reihe stehen.« Damals waren es gewiss Hunderte Millionen und auch heute müssen es wieder Hunderte Millionen werden, um den Zielen, die wir mit ihnen unbeirrbar verfolgen, neuen Nachdruck zu verleihen Auch heute haben wir nur die Chance, wie ein anderer Menschenrechtspreisträger der GBM, Professor Michel Chossudovsky, einmal sagte, der imperialistischen Globalisierung die Globalisierung unseres Widerstands entgegen zu stellen.

Angela Davis hat nie aufgehört, sich an politischen Aktionen und Bewegungen in- und außerhalb der USA zu beteiligen. Sie hat nie aufgehört, das zu ihrem Anliegen zu machen, was sie selbst einst aus ihrem Gefängnis befreite: die internationale Solidarität mit den politischen Gefangenen und allen unter Gefängniswillkür und Folter in der Welt Leidenden. So hat sie auch 2003 im Rathaus von Paris als Sprecherin der US-Kampagne gegen die Todesstrafe stellvertretend Urkunde und Medaille der Mumia Abu-Jamal verliehenen Ehrenbürgerschaft entgegengenommen.

Die Solidarität mit Mumia Abu-Jamal und anderen politischen Gefangenen in den USA, mit den fünf gefangenen Kubanern, den »Miami Five«, die nichts wollten, als ihr Land vor Terrorismus zu schützen, sowie der Kampf gegen die Todesstrafe in aller Welt ist auch ein vorrangiges Ziel unserer Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde. Die Gefährdungen der Bürgerrechte durch neue Diktaturen und neofaschistische Umtriebe mahnen uns, in unserem Ringen um eine neue, gerechtere Welt nicht nachzulassen. Angela Davis ist ein Vorbild der amerikanischen und internationalen Bürger- und Menschenrechtsbewegung.

Es ist ein Verdienst Ihrer Stiftung ethecon A. Davis erneut mit einem Preis zu ehren. Sie erinnern uns damit alle erneut daran, dass wir eine nicht nachlassende Verantwortung haben für die Menschenrechte der Milliarden Menschen, die ihr einfaches Glück auf der Welt in Frieden, ohne soziale Bedrängnis, in Gleichheit und Freiheit suchen und die in Menschen wie Angela Davis ihr Vertrauen und ihre Hoffnung setzen.