Unser diesjährige Positiv-Preis geht an den Menschenrechtsaktivisten Elias Bierdel. Dieser erregte 2004 als Leiter und Vorsitzender der Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e.V. viel Aufmerksamkeit. Er war an der Rettung von 37 schiffbrüchigen afrikanischen Flüchtlingen beteiligt, an denen die italienische – und letztendlich die europäische – Politik ein Exempel statuieren wollte. So wurde dem Rettungsschiff drei Wochen lang die Einfahrt in den sicheren Hafen verwehrt, 36 der 37 Flüchtlinge wurden sofort und ohne Rücksichtnahme auf ihre persönliche Situation oder ihr tatsächliches Herkunftsland nach Afrika abgeschoben. Bierdel, der Kapitän und der erste Offizier der „Cap Anamur“ wurden festgenommen und der „Schlepperei“ angeklagt. Haftstrafen und hohe Geldbußen drohten. Erst im Oktober 2009 wurden sie freigesprochen.
Während die Solidarität mit den Rettern und den Flüchtlingen in Italien ausgesprochen groß war, begann in Deutschland eine beispiellose Hetzkampagne. Der Prozess selbst wurde von den deutschen Medien danach konsequent ignoriert. Auch die eigenen Kollegen solidarisierten sich nicht mit Bierdel, er wurde danach nicht mehr in den Vorstand wiedergewählt.
Den Verlauf der Rettungsaktion und die darauf folgenden Reaktionen hat Elias Bierdel in dem Buch „Ende einer Rettungsfahrt. Das Flüchtlingsdrama der Cap Anamur“ eindringlich geschildert. Eben dieser Dokumentation von Flüchtlingsdramen an den EU-Außengrenzen und der Beschäftigung mit diesem verdrängten und verschwiegenen Thema widmet sich auch die Organisation „borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V.“, die Bierdel 2007 gründete. Publikationen der Organisation machen deutlich, wie sehr sich Europa mittlerweile in eine Festung verwandelt hat, zu deren „Verteidigung“ die „illegalen Einwanderer“ auf eine Stufe gestellt werden mit Terroristen und dem organisierten Verbrechen.
Seit März 2010 arbeitet Bierdel außerdem am Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK). Dort ist er unter anderem für die Ausbildung ziviler Friedenshelfer für die UNO, Entwicklungsagenturen und große NGOs zuständig.
ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie zeichnet Elias Bierdel für sein anhaltendes Engagement aus, das er erst bei Cap Anamur gezeigt hat und nun – trotz der Schwierigkeiten, die ihm das persönlich gebracht hat – bei borderline-europe und dem ÖSFK weiterhin zeigt. Wir halten ihn für ein Vorbild und als solches für auszeichnungswürdig. Wenn Sie bei der Preisverleihung dabei sein möchten, dann können Sie das im Rahmen unserer ethecon Tagung in Berlin:
Samstag, 20. November 2010, 14 Uhr
Großer Saal Pfefferwerk, Schönhauser Allee 176
Die Veranstaltung ist kostenfrei, aber anmeldepflichtig.
Die Plätze sind begrenzt. Jetzt anmelden!