Vertreibung der Roma stoppen

Erklärung von Vorstand und Kuratorium der Stiftung ethecon vom 19. März 2011

Rassismus beenden!
Vertreibung der Roma stoppen!

Diskriminierung, Vertreibung und Schlimmeres haben in Europa schlimme Tradition

Sie leben in bitterster Armut. Auf zugemüllten Wiesen, im knöcheltiefem Schlamm, in Wohnungen, die Löchern gleichen. Roma, die in der Hoffnung, ein menschenwürdiges Leben zu finden gen Westen gereist sind. Angekommen in den reichen westeuropäischen Industrieländern werden sie schlimmer behandelt als Tiere.

Schätzungen zufolge leben in Europa 10 Millionen Roma. Ca. 3 Millionen von ihnen in Bulgarien und Rumänien. Seit 2007 sind diese beiden Staaten Mitglieder der Europäischen Union. Die dort lebenden Roma haben also das Recht, in anderen europäischen Ländern zu leben. Dennoch werden sie diskriminiert, rassistisch verfolgt, abgeschoben und deportiert.

In Italien wurden etwa im September 2010 Behelfsunterkünfte in Mailand abgerissen; in Rom plant man, 200 „illegale Siedlungen“ mit 2.000 BewohnerInnen nieder zu reißen. In Frankreich wurden in 2010 Roma zu tausenden in Lager gesteckt und illegal nach Bulgarien und Rumänien deportiert. Auch in den als tolerant geltenden skandinavischen Ländern werden die Roma verfolgt; bettelnde Roma wurden abgeschoben, ein Roma-Zeltlager in Helsinki geräumt. In Slowenien, das gemeinhin als Vorzeigeland hinsichtlich der Roma-Integration gilt, gab es brutale Verfolgungen durch den slowenischen Mob.

Und schlimmer noch: In einigen mittel- und osteuropäischen Ländern sind die Roma mit dem Tode bedroht. So starben etwa in Ungarn 8 Menschen. In einem Vorort der ostslowakischen Stadt Michalovce errichteten die Bürger eine 500 Meter lange Mauer zur Abgrenzung von einer Roma-Siedlung.

Die Empörung über dieses menschenverachtende Verhalten ist groß. Der UN-Ausschuss für die Beseitigung von Diskriminierung hat gefordert, keine Gruppen von Roma mehr abzuschieben. Er sorgt sich darüber, dass die Roma „auf Gemeinschaftsbasis“ in ihre Heimat zurückgeschickt werden, statt die Umstände jedes einzelnen Falles zu prüfen. Insbesondere beunruhigen „politische Reden diskriminierender Natur“. Zugleich seien laut UN-Ausschuss „Handlungen und Kundgebungen mit rassistischem oder ausländerfeindlichem Charakter“ zu beobachten gewesen. Die „kollektive Ausweisung“ von Roma sei unzulässig und „langfristige Lösungen“ müssen geschaffen werden, verlangte der Ausschuss.

Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding stellt fest: „Ich bin entsetzt darüber, dass der Eindruck entsteht, Menschen werden eines Landes nur verwiesen, weil sie eine ethnische Minderheit sind. Ich dachte nicht, dass wir das noch einmal erleben müssen nach dem Zweiten Welt krieg.” Ebenso wie verschiedene ausländische Medien zog auch der Bischof von Toulouse einen Bogen von den heutigen Roma-Abschiebungen zu den antijüdischen Razzien unter dem Kollaborationsregime von Vichy während des Zweiten Weltkriegs.

So begrüßenswert die Proteste der UN, der EU und anderer offizieller Stellen gegen die Verfolgung der Roma durch die europäischen Regierungen auch sind, so lassen sie doch die Ursachen dieser rassistischen Ausfälle unangetastet. Roma gehören zu den Ärmsten der Armen in Europa. Die Übersiedlung aus den Ghettos ihrer Heimat in welches europäische Land auch immer verheißt für die Roma Zukunft und Perspektive. Doch die reicheren Länder Europas wollen nicht teilen. Ihr Bekenntnis zum „geeinten Europa“ verkommt zur Lüge. Sie schotten sich mit aller Gewalt ab gegen die Ströme der Armen. Unter Bruch des innereuopäischen Rechts. Rassistische Hetze kommt ihnen dabei gerade recht.

ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie tritt ein für die grundlegenden ethisch-menschlichen Prinzipien; für die Freundschaft der Völker, für ein solidarisches Miteinander der Ethnien. Rassismus, Diskriminierung und ethnische Verfolgung sind damit nicht zu vereinbaren.

Die Stiftung ethecon reiht sich ein in die Proteste gegen die Abschiebung der Roma und unterstützt entsprechende Initiativen. Notwendig ist der Umbau der Gesellschaftsordnung weg von der kapitalistischen Verwertungslogik, hin zu einer Ökonomie, in der der Mensch tatsächlich vor Profit kommt. Das Primat des Profits muss abgelöst werden durch die Vorherrschaft der Solidarität und Völkerfreundschaft. Die Verfolgung der Roma muss beendet, die Vertreibung gestoppt werden!

Berlin, den 19. März 2011