Medienerkärung 12-06-21

Schmähpreis für TEPCO – Preisübergabe an Fukushima-Verantwortliche in Tokio

Der Internationale ethecon Black Planet Award 2011 geht an den Vorstandsvorsitzenden Tsunehisa Katsumata, den ehemaligen Konzernpräsidenten Masataka Shimizu und den gegenwärtigen Präsidenten Toshio Nishizawa sowie die GroßaktionärInnen des Energieversorgungs-Konzerns TEPCO/Japan. Der ethecon Schmähpreis prangert an, dass diese Personen aus Profit-Gründen die Menschheitskatastrophe in Fukushima zu verantworten haben. Er wurde im vergangenen November im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung mit 200 Gästen in Berlin verliehen. Die Schmährede hielt Prof. Altvater. Jetzt reist eine ethecon-Delegation nach Tokio, um im Rahmen öffentlicher Protest-Aktionen die Negativ-Trophäe zu übergeben.

Die Übergabe ist im Rahmen der TEPCO-Hauptversammlung am 27. Juni vorgesehen. Trotz Aktienbesitz haben die ethecon-Vertreter bisher jedoch keine Eintrittskarten erhalten. Die Teilnahme ausländischer KleinaktionärInnen ist von TEPCO offenbar nicht gewünscht. Gemeinsam mit dem Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, der ebenfalls keine Eintrittskarte erhalten hat, fordert ethecon in einem Brief an den Konzern die Bereitstellung der betreffenden Karten vor Ort. Sollte ethecon keinen Zutritt zur HV erhalten, wird der Schmähpreis im Rahmen anderer Aktionen an TEPCO in Tokio übergeben werden.

„Anstatt ernsthafte Konsequenzen aus dem Super-GAU zu ziehen, verharmlost der Konzern weiterhin die Katastrophe“, so ethecon-Vorstand Axel Köhler-Schnura. „Auf die Regierung und die Behörden wird Druck ausgeübt, um entgegen der katastrophalen Realitäten Normalität vorzugaukeln. Dem Konzern geht es einzig um die Sicherung der Profite bzw. die Minimierung der Verluste.“ So werde beispielsweise ignoriert, dass das Abklingbecken auf dem Dach des zerstörten Reaktors 4 mit seinen 1.500 Brennstäben bei einer Beschädigung durch ein erneutes Erdbeben eine weitere Katastrophe verursachen könnte, die alles bisher Geschehene in den Schatten stellen würde. „Schlimmstenfalls ist die atomare Verstrahlung danach so hoch, dass in einem 250-km-Radius niemand mehr leben dürfte. Das betrifft auch Tokio“, so Köhler-Schnura.

ethecon kritisiert außerdem, dass Manager, die aufgrund des Super-GAUs bei TEPCO aufhören mussten, jetzt lukrative Posten in anderen Branchen erhalten, beispielsweise in der Ölbranche. Gleichzeitig ist die Lage der Anwohner rund um das AKW und die Frage der Entschädigungen ungeklärt. Schadenersatzklagen werden von Gerichten abgewiesen. Jetzt sollen die niedrigstrahlenden Tsunami-Trümmer aus der Region im ganzen Land auf Mülldeponien verteilt und dort entsorgt werden. „Statt auf Kosten des Konzerns den Atom-Müll vor Ort sachgerecht zu entsorgen und eine Tsunami-Schutzmauer in der betroffenen Region zu errichten, verdient TEPCO beim Mülltransport durch eine Tochterfirma auch noch an der selbst verschuldeten Katastrophe!“, entrüstet sich Köhler-Schnura.

Rund um die Schmähpreis-Übergabe sind Aktionen und Veranstaltungen mit japanischen Bündnispartnern geplant. Unter anderem werden die ethecon-Vertreter auf Einladung der „Mütter von Fukushima“ hin in die Stadt Fukushima reisen und dort an einer Pressekonferenz teilnehmen. Auch ein Besuch des Protestzeltdorfs vor dem Wirtschaftsministerium ist vorgesehen. Neben der Kritik an TEPCO spricht sich ethecon dabei auch gegen ein Wiederanfahren der japanischen Atomreaktoren aus, wie es von Premierminister Noda und vom AKW-Betreiber KEPCO in der Region Kansai geplant ist. So könnten Reaktoren im Kernkraftwerk Oi in der Präfektur Fukui schon in den kommenden Tagen wieder gestartet werden.

Die ausführliche Begründung für die Verleihung des Internationalen Black Planet Award 2011 findet sich im Dossier über die TEPCO-Verantwortlichen im Downloadbereich der Webseite www.ethecon.org, eine Kurzfassung im in deutsch, englisch, spanisch und japanisch verbreiteten Offenen Brief. Darin fordert ethecon die Haftung der Großaktionäre und die Bestrafung der Entscheidungsträger des Energiekonzerns. Diese trafen aus reinen Profit-Gründen Fehlentscheidungen, ohne die es gar nicht erst zu der Nuklearkatastrophe hätte kommen können.

Die Stiftung ethecon ist vor allem durch die jährliche Vergabe ihrer Internationalen ethecon Blue bzw. Black Planet Awards in Berlin bekannt. Mit den Positivpreisen hat ethecon in den vergangenen Jahren Diane Wilson/USA (2006), Vandana Shiva/Indien (2007), José Abreu und Hugo Chávez/Venezuela (2008), Uri Avnery/Israel (2009), Elias Bierdel/Österreich (2010) sowie Angela Davis/USA (2011) ausgezeichnet. Die Schmähpreise gingen bisher an die EigentümerInnen bzw. AktionärInnen und das verantwortliche Management der Konzerne Monsanto/USA (2006), Nestlé/Schweiz (2007), Blackwater (Xe)/USA (2008), Formosa Plastics Group/Taiwan (2009), BP/Großbritannien (2010) und Tepco/Japan (2011).

ethecon ist im Gegensatz zu den vielen Konzern-, Familien-, Kirchen-, Partei- und Staatsstiftungen eine der wenigen Stiftungen „von unten“, die sich mit ihren derzeit 30 ZustifterInnen und dem Leitmotiv „Für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung!“ in der Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen sieht. Die noch junge Stiftung finanziert sich über Zustiftungen, Spenden und Fördermitgliedschaften.