„Es ist ein Massenmord“
Internationaler ethecon Blue Planet Award 2012 für Jean Ziegler
(Berlin) Auf der diesjährigen Tagung von ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie ist am Wochenende der bekannte Konzern- und Globalisierungskritiker Jean Ziegler aus der Schweiz geehrt worden. Vor 200 begeisterten Teilnehmern nahm Ziegler von Gründungsstifter Axel Köhler-Schnura und der Fotokünstlerin Katharina Mayer die eigens gestaltete Preistrophäe in Empfang. Ziegler setzt sich seit Jahren unermüdlich für das Recht auf Nahrung ein. Seine wohl bekannteste Äußerung ist „Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet. Seine aufgrund seiner langjährigen Funktion als UN-Sonderberichterstatter für Ernährungsfragen profunde Globalisierungskritik hat Millionen Menschen in aller Welt inspiriert. Der Laudator Prof. Dr. Hans See erklärte: “Ziegler zeigt Mut, Zivilcourage, setzte schon früh seine Existenz aufs Spiel. Und er hat nie aufgehört zu zeigen, dass Revolutionen möglich und notwendig sind, dass Bürger- und Menschenrechte – trotz aller Niederlagen und reaktionärer Unterdrückung – längerfristig durchsetzbar sind.„ In seiner Dankesrede erläuterte Ziegler, dass es keinen objektiven Mangel an Nahrungsmitteln gebe. Der heute in der Welt herrschende Hunger basiere auf Agrardumping, Landgrabbing und Nahrungsmittelspekulation durch Industrienationen bzw. Hedgefonds und sei strukturelle Gewalt und Massenmord. Er hat aber auch Hoffnung, denn “jeder dieser mörderischen Mechanismen ist von Menschen gemacht und kann von Menschen gebrochen werden„.
Parallel zur Auszeichnung Zieglers ist der Schmähpreis der Stiftung, der Internationale ethecon Black Planet Award 2012, an den Geschäftsführer Ivan Glasenberg, den Verwaltungspräsidenten Simon Murray und den Verwaltungsrat Tony Hayward sowie weitere Verantwortliche des Rohstoffkonzerns GLENCORE aus der Schweiz verliehen worden. “GLENCORE gehört zum Herz der heutigen Finsternis, die Jean Ziegler in seinen Büchern so eindrücklich beschrieben hat. Deshalb verdienen der Zuger Konzern und seine Herren Glasenberg, Murray und Hayward sowie die Großaktionäre mit dem Black Planet Award, dem Preis des finsteren Planeten, geschmäht zu werden.„, so der Schmähredner Dr. Josef Lang. Der ehemalige BP-Geschäftsführer Tony Hayward wurde bereits 2010 für seine Verantwortung für die Deepwater-Horizon-Ölkatastrophe mit dem Black Planet Award geschmäht. Dazu Josef Lang: “Exakt ein Jahr nach der Katastrophe gab die GLENCORE bekannt, dass sie Hayward in ihren Verwaltungsrat berufen hat. In diesem gehört er dem dreiköpfigen Komitee für ,Umwelt, Gesundheit und Sicherheit‘ an. Wer den Bock zum Gärtner macht, dem liegt nicht viel am Garten.„ Die Konzernverantwortlichen sind wegen Umweltverschmutzungen, Menschenrechtsverletzungen, Steuerhinterziehungen und Korruptionsvorwürfen an den Pranger gestellt worden. Sie werden den Schmähpreis im Rahmen öffentlicher Aktionen in Zusammenarbeit mit internationalen sozialen Bewegungen zu einem späteren Zeitpunkt ausgehändigt bekommen.
Die ethecon Positiv-Preise ehrten in den vergangenen Jahren Diane Wilson/USA (2006), Vandana Shiva/Indien (2007), José Abreu und Hugo Chávez/Venezuela (2008), Uri Avnery/Israel (2009), Elias Bierdel/Österreich (2010) sowie Angela Davis/USA (2011). Die ethecon Negativ-Preise hingegen schmähten Manager und AktionärInnen der Konzerne MONSANTO/USA (2006), NESTLÉ/Schweiz (2007), Blackwater (Xe)/USA (2008), Formosa Plastics Group/Taiwan (2009), BP/Großbritannien (2010) und Tepco/Japan (2011).
Die Verleihung der beiden internationalen ethecon Preise war eingebettet in das Tagungsthema “Public Private Partnership – Ausverkauf öffentlicher Güter„. Scharfe Kritik übte der Referent Dr. Werner Rügemer in seinem Vortrag an dem “privat-staatlichen Hybridwesen„, das PPP darstellt, mit seiner “Komplizenschaft und Verfilzung von Privat und Staat unter privatwirtschaftlichen Maximen„.
ethecon ist im Gegensatz zu den vielen Konzern-, Familien-, Kirchen-, Partei- und Staatsstiftungen eine der wenigen Stiftungen “von unten„, die sich mit ihren derzeit 32 ZustifterInnen und dem Leitmotiv “Für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung!“ in der Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen sieht. Die noch junge Stiftung finanziert sich über Zustiftungen, Spenden und Fördermitgliedschaften.