OFFENER BRIEF an XE-/Blackwater

Offener Brief an
Erik Prince, Gary Jackson, Cofer Black,
Chris Taylor, Robert Richter, Brian Bonfiglio
und die weiteren verantwortlichen Manager
des XE-Konzerns (früher BLACKWATER)

 

Sehr geehrter Herr Prince,
sehr geehrter Herren des Managements,
 
am 14. März 2009 wurde in Berlin im Rahmen einer öffentlichen Tagung unserer Stiftung der von uns ausgeschriebene internationale Schmähpreis „Black Planet Award “ des Jahres 2008 vergeben. Er ging an Sie, das verantwortliche Management Ihres Konzerns.
 
Unsere Stiftung stützte sich bei ihrer Entscheidung auf die seit Jahren in der internationalen Öffentlichkeit bekannten Fakten, auf die von Friedens- und Menschen-rechtsgruppen in aller Welt zusammengetragenen Informationen, auf öffentlich vorliegende Dokumente und nicht zuletzt auf die von Ihrem Konzern veröffentlichten Materialien.
Zusammengefasst begründet „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ ihre Entscheidung wie folgt:
In der ebenso aggressiven wie menschenverachtenden Unternehmensstrategie Ihres Konzerns werden die kapitalbasierte Macht globaler Unternehmen und die damit verbundenen ökologischen und sozialökonomischen Folgen besonders deutlich. Ihr XE-/BLACKWATER Konzern ist die wohl perverseste Variante des auf Ausbeutung von Mensch und Umwelt basierenden Profitsystems.
Als weltweit führendes Killer-Unternehmen mit Hauptsitz in Moyock/ USA sind Ihre Söldner überall auf der Welt im Einsatz. Dabei werden sowohl Menschenrechte und ethische Abkommen mit Füßen getreten, als auch soziale Gefüge geschädigt und die Ökologie im großen Stil ruiniert. Es wird auch gefoltert und getötet.
 
Rechtsfreiheit für XE-Söldner
Vorfälle in verschiedenen Teilen der Welt machen die Unmoral Ihres Unternehmens deutlich. Immer wieder gerät XE (früher BLACKWATER) deshalb in Konflikt mit Organisationen, die sich gegen Krieg und Ausbeutung, Umweltzerstörung und Zerstörung sozialer und demokratischer Strukturen wehren. Obwohl Ihre Organisation und Ihr Personal nahezu totalen Schutz vor juristischer Verfolgung genießen, mussten Sie, Herr Prince, sich dennoch bereits vor Gericht verantworten.
 
1997 von Ihnen, Herr Prince, gegründet, gehört XE / BLACKWATER zu den größten der privaten Killer- und Kriegsunternehmen der Welt. Untergliedert in 10 Abteilungen (woran sich im Rahmen der Umstrukturierung von BLACKWATER zu XE durchaus Änderungen ergeben haben können), waren im Jahr 2006 bereits rund 23.000 Privatsoldaten in neun Ländern für Ihren Konzern im Einsatz. Ihr Unternehmen unterhält versteckte Kontaktbüros in aller Welt, um Aufträge mit den Regierungen zu arrangieren. Im Irak haben Sie ab 2003 mitkämpfen lassen. Dort gehören Ihre Söldner zu den ca. 180.000 Angestellten von Militärfirmen, die dort „arbeiten“. Auch in die umkämpfte Darfur-Region im Sudan haben Sie Ihre Kämpfer entsandt und aktuell planen Sie Einsätze vor der Küste Somalias.

 
300 Prozent Wachstum
In den letzten drei Jahren wuchs Ihr Unternehmen jeweils um 300 Prozent. Seit dem 11. September 2001 blüht Ihr Geschäft. Sie werben Soldaten aus regulären Armeen ab, wobei Sie gerne die Militärs ehemaliger faschistischer Diktaturen wie der chilenischen oder auch des südafrikanischen Apartheid-Regimes nehmen. Sie „sind sehr professionell und passen gut in unser System“, kommentieren Sie wörtlich, Herr Jackson.
 
Selbst die NATO ist für Sie eine Konkurrenz, die Sie gerne aus dem Markt drängen würden. Sie Herr Black, sagten: »Wir haben das Potenzial, Sicherheitsoperationen für einen Bruchteil der Kosten einer Nato-Operation durchzuführen.«
Inzwischen ist auch der Zivilbereich Ihr Kampffeld. Nach dem Hurrikan Katrina waren Ihre Leute in New Orleans im Einsatz. Ihr Unternehmen trainiert Hunde für Drogen, Sprengstoff etc. Sie, Herr Prince meinen: »Ich habe den Film „Rwanda Hotel“ gesehen, und mir ist schlecht geworden. Und ich frage: Warum haben wir das zugelassen? Wir können beim nächsten Mal etwas machen, und zwar ohne große US-Intervention. Wir können eine multinationale Brigade stellen, die aus Professionellen besteht!« Entsprechend drängen Sie neuerdings auf UN-Missionen.
 
Interesse an UN-Missionen
Da Ihre Aktivitäten mehr und mehr in die Kritik geraten, versuchen Sie „war-washing“, indem Sie in irreführender Weise den Interessenverband der privaten Killer- und Kriegsfirmen „International Peace Operations Association“ (IPOA) nennen und das Logo mit einem niedlichen schlafenden Löwen assoziativ an die Disney-Figuren aus „Der König der Löwen“ anlehnen. Mit einer professionellen Imagekampagne versuchen Sie das rauhbeinige Söldner-Image von BLACKWATER abzulegen und sich von einer schießwütigen Desperado-Truppe zu einer Organisation zu wandeln, die „Stabilität fördern und Frieden sichern“ will – auch und gerade bei humanitären Einsätzen.
 
Infames war-washing
Wiederholt bot sich XE/BLACKWATER für die Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe in Darfur und anderen Krisenregionen der Welt an. Auf der Tagung „Militärdienstleister auf dem Schlachtfeld: Zur Zukunft der Verteidigungsindustrie“ hielten Sie, Herr Black, im Sommer 2007 ein Referat, in dem Sie in zynisch-verlogener Weise erklärten: „Wir müssen Moral, Ethik und Integrität in den Mittelpunkt rücken. Darauf kommt es an. Wir sind keine Scharlatane. Wir sind keine Betrüger. Wir glauben an diese Werte. Wir haben ethische Prinzipien. Und deshalb werden wir immer weiter wachsen“ (nach: Scahill 2008: 300). Höhepunkt Ihres war-washings ist, dass Sie den nach dem unter irakischen Zivilisten angerichteten Massaker mit Blut getränkten Firmennamen BLACKWATER zu tilgen suchen und in XE umfirmieren.In der Hoffnung, Ihre Verbrechen damit vergessen zu machen.
Rund 40.000 Personen durchlaufen jährlich auf Ihrem Trainingsgelände, das zu den größten der Welt zählt, die XE/BLACKWATER-Ausbildung für ausländische Militärangehörige und Privatpersonen. Auch Polizisten aus Deutschland, die sich auf Auslandseinsätze vorbereiten, und griechische Sicherheitskräfte für die Olympischen Spiele in Athen (2004) befanden bzw. befinden sich darunter. Aber auch aserbaidschanische Kommandoeinheiten und Personal des afghanischen Innenministeriums.
 
Eigene Luftstreitmacht
Sie verkaufen und betreiben selbst entwickelte Ausrüstung für Schießplätze sowie selbst entwickelte gepanzerte Fahrzeuge. Sie verfügen über eine Luftflotte, eigene Start- und Landebahnen und entwickeln ein eigenes ferngesteuertes Überwachungsluftschiff. Ihr Unternehmen, das mit der US-Regierung durch teilweise geheime Verträge über viele Hundert Millionen Dollar verbunden ist, gilt Bewunderern wie Kritikern als eine Art „Prätorianergarde der Regierung im Krieg gegen den Terror“ (Scahill 2008: 269). XE/BLACKWATER, das über 90% seiner Einnahmen durch Staatsaufträge erzielt, stellte u.a. die Leibwächter der amerikanischen Zivilgouverneure im besetzten Irak, sicherte den Zugang zum Flughafen und erfüllt in Afghanistan und in Anrainerstaaten geheime Missionen.
 
Mehrere Massaker an unbewaffneten Zivilisten in besetzten Gebieten, gescheiterte Operationen und die von XE/BLACKWATER nie kommentierte, aber immer besser belegte Kooperation mit geheimen Verschlep-pungsaktionen der CIA, ließen seit 2004 die Frage der rechtlichen Verantwortlichkeit von XE/BLACKWATER-Beschäftigten, der (un-)gewollten politischen Folgen ihres Auftretens sowie Ihrer Geschäftspraktiken nicht mehr verstummen und beschäftigte den US-Kongress, die Gerichte und die weltweite Öffentlichkeit.
Private Kriegsdienstleister wie Ihr Unternehmen ermöglicht es Regierungen wie Privatleuten, nach Belieben Invasionen, verdeckte Operationen, Okkupationen und Staatsstreiche anzuordnen. Todesfälle bei Einsätzen rufen keine öffentliche Empörung hervor. Die Bevölkerung sieht sich nicht so tangiert wie bei regulären militärischen Operationen etwa mit Wehrpflichtigen. Das sind Chancen für diejenigen, die das Geld und das Interesse haben, sich solcher Hilfen zu bedienen.
 
Religiöser Fanatismus
Aber es ist zugleich die Zerstörung der menschlichen Sicherheit, des Friedens und der Menschenrechte. Der Krieg, der mit Hilfe vor allem Ihres Unternehmens – ohne Einhaltung des internationalen Rechts – geführt wird, führt zur Vermischung von Militär und Zivil, von Kombattanten und Nichtkombattanten. Die Konsequenz ist die noch größere Verwilderung der Bestie Krieg.
Ihr Unternehmen steht über dem Gesetz, ist der Kontrolle des Parlaments entzogen und höhlt das Gewaltmonopol des Staates aus. Sie sind eine Gefahr für die Demokratie.
Sie, Herr Prince, sind zudem ein religiöser fundamentalistischer Fanatiker, der u.a. im Vorstand der christlichen Hetz-Organisation „Christian Freedom International“ sitzt, die extrem militant auftritt und rücksichtslos missioniert. Sie legen die Lunte für religiös motivierte Kriege und Gräuel. Sie vertreten rassistische Standpunkte und unterminieren das friedliche Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Religionen, Kulturen und Weltanschauungen. Ihre Familie, Herr Prince, gehört zu den Schattendynastien, jenen wirtschaftlich mächtigen Familienclans, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Immer wieder spenden Sie große Summen für christlich-fundamentalistische Vereinigungen und extrem konservative Politiker. Sie gehören zu den „Theokonservativen“, die radikalen, christlichen Glauben, wirtschaftsliberales Denken mit den außenpolitischen Zielen der Neocons vermengen.
 
Gefahr für die Menschheit
Für diese herausragende Leistung destruktiver Ethik stellt „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ Sie Herr Prince, Herr Jackson, Herr Black, Herr Taylor, Herr Bonfiglio, Herr Richter, Herr Bertelli und alle weiteren verantwortlichen Management von XE/BLACKWATER mit dem „Black Planet Award 2008“ an den internationalen Pranger. Sie stellen nicht nur eine Gefahr für den Frieden und die Menschenrechte dar, sondern auch für die Demokratie und die Menschheit insgesamt. Sie als verantwortliche Kapitalbesitzer und Manager betreiben in herausragend erschreckender Weise den Ruin unseres Blauen Planeten. Aus purer Profitgier und ideologisch erschreckend gefährlicher Verblendung.
Sie stehen in einer zunehmend auf den Profit als einzigem Kriterium jeglicher Entscheidung und Entwicklung ausgerichteten Welt als wenige Mächtige der Masse der Menschheit und der Umwelt gegenüber und diktieren deren Lebens- und Existenzbedingungen. Selbstherrlich und zunehmend keinerlei Gesetzen und Gerichtsbarkeit unterworfen agieren Sie in maßloser Profitgier einzig zum Vorteil der persönlichen Bereicherung. Sie treten Moral und Ethik mit Füßen und nehmen den Untergang des Planeten als „Schwarzer Planet“ in Kauf. Sie zeigen das, was gemeinhin Rücksichtslosigkeit und Egoismus genannt wird. Sie sind diejenigen, die das empfindliche Pflänzchen menschlicher Ethik mißachten und schänden.
 
Schluss mit XE/BLACKWATER
Auch soll nicht unerwähnt bleiben, dass der mit dem „Black Planet Award 2008“ an Sie, die Verantwortlichen des XE-/BLACKWATER-Konzerns, verbunden ist mit dem „Blue Planet Award 2008“ an den Träger des Alternativen Nobelpreises José Abreu und den Präsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela Hugo Chávez. Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie unseren Blauen Planeten in verantwortungsloser Weise gefährden und ruinieren, setzen sich Herr Abreu und Herr Chávez mit ihrem Projekt „Sistema“ in herausragender Weise für Erhalt und Rettung unseres Blauen Planeten ein.
 
Wir fordern Sie auf, nehmen Sie sich für Ihr persönliches Engagement ein Beispiel an Menschen wie José Abreu und Hugo Chávez. Beenden Sie Krieg, Ausbeutung und Ruin von Mensch und Umwelt durch den XE-/BLACKWATER-Konzern. Stellen Sie soziale Gerechtigkeit und die Menschenrechte im Unternehmen selbst und im Umfeld sicher. Bewahren Sie die Ökologie und Frieden. Nutzen Sie Ihr Geld statt zur Profit-Jagd für ethische Investments und Solidar-Projekte, wie es z.B. auch unmißverständlich und gemeinsam alle christlichen Kirchen der Welt in dem unbefristeten ökumenischen „verbindlichen Prozess des Erkennens, Lernens und Bekennens (processus confessionis) / Wirtschaft(en) im Dienst des Lebens /“ fordern.
 
Dies der mit dem „Black Planet Award 2008“ verbundene Appell von „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ an Sie, die Besitzer und verantwortlichen Manager des XE-/BLACKWATER-Konzerns.
 
Mit freundlichen Grüßen
– Axel Köhler-Schnura – – Elke von der Beeck –
(Vorsitzender des Vorstands) (Vorsitzende des Kuratoriums)

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